Indirekte Steuern in der Beschaffung: Chancen und Herausforderungen bei der globalen Umsatzsteuer

Tax Today: Beschaffung – Folge 4


Vertex Tax Technology for Procurement
Vertex Inc. Procurement Podcast for Businesses

TEIL 1

TEIL 2

Folge 4: Zusammenfassung

In dieser zweiteiligen Folge befassen wir uns mit den indirekten Steuern in der Beschaffung. Konkret geht es um die Chancen und Herausforderungen der globalen Umsatzsteuer.

Seien Sie dabei, wenn Kristin Schwabenbauer mit Donal Colbert, Europe Practice Leader bei Vertex Consulting, über die Entwicklung der Kreditorenbuchhaltung und die Prozessumstellung im Beschaffungsbereich spricht. In weniger als 30 Minuten erfahren Sie, warum die automatisierte Kreditorenbuchhaltung für Umsatzsteuerprozesse schwierig sein kann, wie Unternehmen die Berechnung der korrekten Umsatzsteuer sicherstellen und welche Vorteile Beschaffungsplattformen haben.

Teil 1 Transkript

SCHWABENBAUER:  Hallo.  Ich bin Kristin Schwabenbauer. Willkommen bei Tax Today, einer Podcast-Serie von Vertex. In der heutigen Folge erkunden wir die Bereiche indirekte Steuern und Beschaffung. Dies ist Teil 1 unserer Unterhaltung mit Donal Colbert über Chancen und Herausforderungen bei der globalen Umsatzsteuer.
SCHWABENBAUER: Hallo Donal. Vielen Dank, dass du heute bei uns bist. 
COLBERT:  Hallo Kristin.
SCHWABENBAUER: Ich freue mich sehr, dass du heute bei uns bist, und uns an deinen Erfahrungen teilhaben lässt. Kannst du uns sagen, wie du die Entwicklung der Kreditorenbuchhaltung und der Beschaffung vor deiner Zeit bei Vertex erlebt hast?
COLBERT: Aber natürlich, sehr gerne. 
Wenn man über die Beschaffung im Speziellen spricht, dann habe ich in den letzten fünfzehn Jahren definitiv eine starke Entwicklung im Bereich der Kreditorenbuchhaltung gesehen – jede Menge Prozessentwicklung und Transformation. Bei meinem ersten Engagement ca. Anfang der 2000er waren die Beschaffung und Kreditorenbuchhaltung sehr arbeitsintensive Prozesse. Beide stellten bedeutende geschäftliche Herausforderungen dar. Das erste Problem, das wir aus Sicht der Umsatzsteuer hatten, war, dass die Vorschriften zur Rechnungsstellung recht restriktiv formuliert waren. So mussten Unternehmen für jede verbuchte Geschäftsausgabe eine Originalrechnung in Papierform von ihren Lieferanten erhalten. Andernfalls mussten die 20 Prozent plus Umsatzsteuer, die auf jeder Rechnung standen, als Geschäftskosten verbucht werden. 
SCHWABENBAUER: Donal, kannst du uns Beispiele für diese geschäftlichen Herausforderungen nennen? 
COLBERT: Bei meinem ersten Engagement ca. Anfang der 2000er waren die Beschaffung und Kreditorenbuchhaltung sehr arbeitsintensive Prozesse. Beide stellten bedeutende geschäftliche Herausforderungen dar. Als erstes würde ich erwähnen, dass die Vorschriften in Bezug auf die elektronische Rechnungsstellung in den Mehrwertsteuerländern sehr restriktiv formuliert waren. So mussten Unternehmen für jede verbuchte Geschäftsausgabe eine Originalrechnung in Papierform von ihren Lieferanten erhalten. Andernfalls mussten die 20 Prozent plus Umsatzsteuer, die auf jeder Rechnung standen, als Geschäftskosten verbucht werden. 
Wenn also ein Lieferant eine Rechnung an einen Kunden ausstellte, konnte es bis zur Zustellung per Post vier Tage dauern. Anschließend lag die Rechnung vielleicht weitere drei bis vier Tage im Posteingang des entsprechenden Mitarbeiters, bevor sie dann tatsächlich erfolgreich von der Kreditorenbuchhaltung erfasst werden konnte. Der Erhalt von Original-Papierrechnungen stand daher meist für Unsicherheit bei der Rechnungsübertragung. Viele Rechnungen gingen z. B. auf dem Postweg verloren. In diesem Fall mussten sie storniert und neu ausgestellt, anstatt einfach neu gemailt zu werden. Das stellte stets einen zeitlichen Verzögerungsfaktor dar und erhöhte die Wahrscheinlichkeit, dass Rechnungen fälschlicherweise doppelt gebucht wurden. Die Erfassung von mit der Post zugestellten Rechnungen bedeutete, dass es bei der Kreditorenbuchhaltung größtenteils um die manuelle Eingabe von Daten ging. Die manuelle Dateneingabe erfordert einen beträchtlichen Personalaufwand. Und das führt wiederum zu einer hohen Wahrscheinlichkeit für menschliche Fehler. Viele Unternehmen betrachteten die Kreditorenbuchhaltung als einen Dateneingabeprozess und damit als einen Vorgang, der auf Volumen und Skalierung beruht. 
Aus meiner Sicht zielten Qualitätskontrollen innerhalb eines Systems sehr oft darauf ab, die buchhalterische und nicht die steuerliche Richtigkeit sicherzustellen. So war beispielsweise ein Dreifachabgleich eine der Hauptmöglichkeiten, eine Rechnung nach dem Eintreffen tatsächlich zu validieren. Und was leistet diese Kontrolle wirklich, außer sicherzustellen, dass es eine Übereinstimmung zwischen einer Bestellung, einem Wareneingang und einer Rechnung gibt. Damit wird bestätigt, dass es sich um gültige Geschäftskosten handelt, die in der entsprechenden Gewinn- und Verlustrechnung verbucht werden. Aus steuerlicher Sicht wird damit jedoch lediglich die Steuerbemessungsgrundlage validiert. Die eigentliche Umsatzsteuer wird damit nicht wirklich validiert. Das war schon immer eine Herausforderung. 
Die korrekte Umsatzsteuer war daher immer eine Herausforderung für uns alle, die im Bereich Kreditorenbuchhaltung involviert waren. Die Rechnungsbuchung als manueller Prozess bedeutet, dass die Ergebnisse der Umsatzsteuer wirklich vom Vertrauen der Benutzer abhängig waren. Wir müssen der Person vertrauen, die die Rechnung tatsächlich in das System bucht. 
SCHWABENBAUER: Okay, interessant. Hast du aus Sicht der Umsatzsteuer besondere Bedenken gegenüber manuellen Prozessen in der Kreditorenbuchhaltung?
COLBERT: Ich sehe das Ganze so: Wenn man eine Situation hat, in der man sich auf das Vertrauen der Benutzer verlässt, wird es eine Reihe Faktoren geben, die es schwer machen, die Genauigkeit und die Bestimmung der Umsatzsteuer sicherzustellen. Damals war ich in meiner Position für die Umsatzsteuerergebnisse und die Prozesse in der Kreditorenbuchhaltung verantwortlich. 
Dabei störten mich die folgenden Faktoren ganz besonders. Erstens haben die Mitarbeiter auf der Einstiegsebene in der Regel Kenntnisse in der Datenverarbeitung oder Buchhaltung, aber eher wenig oder gar kein Hintergrundwissen über die Umsatzsteuerermittlung. Die Umsatzsteuerschulung musste von uns, also der Steuerabteilung im Unternehmen, durchgeführt werden. In einer multinationalen Kreditorenbuchhaltung müssen diese Mitarbeiter in der Regel unterschiedliche Umsatzsteueranforderungen in einer Vielzahl von Ländern mit unterschiedlichen Sprachen und Gesetzen einhalten. 
So muss sich zum Beispiel ein Italienisch sprechender Mitarbeiter in der Kreditorenbuchhaltung vielleicht mit den Regeln für die Buchung der italienischen Umsatzsteuer auf einer italienischen Rechnung vertraut machen. Ein Mitarbeiter im Bereich für die Schweizer Umsatzsteuer musste dementsprechend Deutschkenntnisse haben, um die dort geltenden Gesetze zu verstehen. 
Die Steuerabteilungen mussten daher den Mitarbeitern oft einen Spickzettel pro Land zur Verfügung stellen, der z. B. die Mehrwertsteuersätze und alle diese anwendbaren Länder sowie die Angabe enthielt, ob Sie Anspruch auf die 50-prozentige, 100-prozentige oder 0-prozentige Umsatzsteuer auf z. B. vielleicht Carhart als Ausgabenkategorie haben. Es war also eine Menge Arbeit nötig, um all diese Daten auf dem neuesten Stand zu halten und für die Mitarbeiter nutzbar zu machen. 
In einem Betrieb mit hohem Volumen und großem Umfang kann es für die Mitarbeiter der Kreditorenbuchhaltung sehr schwierig sein, sich ausreichend Zeit zu nehmen, wenn sie sich eigentlich um die Buchungen kümmern müssen. Sie haben nur zwei oder drei Minuten Zeit, um eine Rechnung zu buchen und die Buchhaltung sowie die Dateneingabe vorzunehmen. Wie lange werden sie dann innehalten und tatsächlich gründlich über die Umsatzsteuerergebnisse nachdenken, die bei Einbuchung der Rechnung erfassen werden? Haben sie überhaupt die Zeit zum Lesen des Spickzettels, den die Steuerabteilung vorbereitet hat? Gehen wir davon aus, dass das Team der Kreditorenbuchhaltung angemessenes Schulungsmaterial erhalten hat, um die unzähligen Details der steuerlichen Anforderungen verstehen, die vielleicht drei oder vier Länder betreffen, für die jeder Mitarbeiter verantwortlich ist. Können wir dann wirklich sicher sein, dass sie die nötige Aufmerksamkeit aufbringen, um sicherzustellen, dass das Steuerergebnis korrekt erfasst wurde?  
Das wären also die allgemeinen Bedenken, die ich aus Sicht der Umsatzsteuer bei den Prozessen der Kreditorenbuchhaltung hätte, insbesondere in einem manuellen Prozess. 
SCHWABENBAUER: Vielen Dank. Gibt es Trends, von denen du glaubst, dass sie den Beschaffungsbereich in Zukunft stark beeinflussen werden?
COLBERT: Wenn ich mir die letzten zehn, fünfzehn Jahre anschaue und darüber nachdenke, welche Veränderungen und Trends ich im Beschaffungswesen gesehen habe, dann fällt mir zunächst vielleicht die Auslagerung von Arbeit an kostengünstige Standorte ein. Ich denke, sie haben sich sehr, sehr weit vom eigentlichen Standort der Anbieter entfernt. Sehr oft werden entsprechende Aufgaben im Ausland durchgeführt. 
Eine weitere Technologie, die in diesen Bereich Einzug gehalten hat und die den Aspekt der Dateneingabe in der Kreditorenbuchhaltung verringert hat, ist die optische Zeichenerkennung. Also eine viel einfachere Möglichkeit, Daten in ein System zu bekommen. 
In Bezug auf die Rechnungsstellung hat Europa bereits im Jahr 2013 große Schritte nach vorne gemacht. So wurden die Regelung zur elektronischen Rechnungsstellung liberalisiert und im Grunde eine Umstellung von der postalischen Rechnungsübermittlung auf die digitale Übertragung ermöglicht. Und anstatt eine Woche auf die Buchung einer Rechnung zu warten, konnte man mit einer E-Mail sicher sein, dass die Rechnung tatsächlich an den Kunden gegangen war. Bereits zuvor gab es in der Europäischen Union einige nominelle Erleichterungen für elektronische Rechnungen. Für ein erfolgreiches Arbeiten war der Prozess jedoch noch immer zu restriktiv. 
SCHWABENBAUER: Und jetzt erleben wir das Wachstum der Beschaffungssysteme, richtig?
COLBERT: Ein weiterer Aspekt, den wir insbesondere in den letzten fünf Jahren beobachten konnten, ist eine starke Entwicklung hin zu Beschaffungssystemen.  Dazu zählen zum Beispiel Ariba oder Coupa, wo die Beschaffungsfunktionen des Unternehmens den gesamten Beschaffungsprozess umfassen. Das könnte bedeuten, dass das Onboarding der Lieferanten, die im Vertrag vereinbarten Bedingungen, die Bestellung, der Wareneingang und die Rechnung in einer speziellen Plattform für den Beschaffungsworkflow mit erweiterten Funktionen platziert werden, die speziell auf die Anforderungen des Einkaufsgeschäfts abgestimmt sind. 
In diesen Datenplattformen, in den Aribas und den Coupas, stellen wir oft fest, dass die Aspekte der Dateneingabe erneut zur Aufgabe der Anbieter gemacht werden. Der Lieferant lädt also seine Rechnung in diese Beschaffungsplattform hoch, klickt dann auf „Senden“, wonach die Rechnung an den Empfänger übermittelt wird. Die Rechnung muss in der Regel auf Beschaffungssystemen validiert werden, die eine Möglichkeit zur Rechnungsvalidierung haben. Das bedeutet, dass sie für gewöhnlich auf den sogenannten Drei-Wege-Abgleich verlassen, auf den ich vielleicht etwas später zu sprechen kommen werde. 
Die Unternehmen loben also allgemein die Effizienz der Automatisierung, die durch die Beschaffungssysteme ermöglicht wird. Beschaffungssysteme stehen auch hinter dem, was als eine der aktuellsten Bewegungen im Bereich der Beschaffung und Kreditorenbuchhaltung bezeichnet wird: die so genannte berührungslose Kreditorenbuchhaltung. 
SCHWABENBAUER: Richtig. Das macht jetzt alles so viel Sinn. Wir schätzen deine Einblicke und deine Erfahrung wirklich. Ich denke, dass wir auf Seiten der USA einen ähnlichen Trend sehen. Es könnte allerdings etwas mehr Bewegung gegeben haben oder die Fähigkeit, Dinge ein wenig schneller zu automatisieren. Wir sehen aber auch, dass die Aribas, die Coupas und alles andere wirklich versucht haben, den Kreis zu schließen. Und das ist einfach fabelhaft. 
SCHWABENBAUER: Verpassen Sie nicht unsere nächste Folge mit dem zweiten Teil unserer Unterhaltung mit Donal Colbert.

Teil 2 Transkript

MS. SCHWABENBAUER: Willkommen bei Tax Today, einer Podcast-Serie von Vertex.  In der heutigen Folge reden wir über indirekte Steuern im Beschaffungswesen. Dies ist Teil 2 unserer Unterhaltung mit Donal Colbert über Chancen und Herausforderungen im Umgang mit der globalen Umsatzsteuer.
 MS. SCHWABENBAUER: Bitte erzähl uns doch, warum die Idee der berührungslosen Kreditorenbuchhaltung – also „touchless AP“ – mit dem Umsatzsteuerprozess eher nicht kompatibel ist. Ist das überhaupt ein realistisches Vorhaben oder nur eine Wunschvorstellung?MR. COLBERT: Das ist eine gute Frage. Ich glaube, im Beschaffungswesen ist touchless AP eine wirklich gute Idee und ein ehrgeiziger Ansatz. Doch auf meinem Gebiet sehe ich vor allem für die Umsatzsteuerprozesse Probleme. 
MS. SCHWABENBAUER: Vielleicht können wir ganz von vorne beginnen. Was genau meinen wir eigentlich mit „touchless AP“ oder eben der berührungslosen Kreditorenbuchhaltung? 
MR. COLBERT:  Aus Sicht der Umsatzsteuer ist diese Idee quasi unvorstellbar. Wenn wir einen Prozess als berührungslos bezeichnen, bedeutet das im Allgemeinen, dass er von Anfang bis Ende automatisiert abläuft. Eine menschliche Beteiligung ist nicht geplant. 
In Beschaffungssystemen können wir die meisten Aspekte des Prozesses automatisieren. Bei der Umsatzsteuerfindung geht das einfach nicht. 
MS. SCHWABENBAUER: Also, was können wir automatisieren? 
MR. COLBERT:  Nun, wir können zunächst die Dateneingabe automatisieren. Wir könnten zum Beispiel Validierungsregeln in unseren Formularen anwenden. Wir können die PO-Flip-Funktion verwenden usw. Wir können so einiges tun, um eine fehlerfreie Dateneingabe zu gewährleisten und sicherzustellen, dass unsere Anbieter einwandfreie Rechnungen in unser Portal hochladen. Das ist also der erste Schritt. Sagen wir mal, dass wir dadurch zu 99 Prozent akkurate Daten erreichen. 1 Prozent der Daten, die vom Anbieter übertragen werden, müssten dann manuell vom Benutzer korrigiert werden. Es wäre also keine aufwändige Dateneingabe erforderlich. 
Als Nächstes können wir unsere Ausgaben überprüfen. Können wir unsere Geschäftsausgaben validieren? In der Regel sollten wir dazu in der Lage sein, unsere Ausgaben der jeweiligen Bestellung und Anforderung zuzuordnen und zu überprüfen, ob wir die bezahlten Waren tatsächlich erhalten haben. 
Wenn ich also zum Beispiel eine Rechnung für einen Tisch bekomme, sehe ich mir an, was ich bestellt habe. In der Bestellung steht, dass ich einen Tisch bestellt habe. Wie viele Tische habe ich erhalten? Ich habe einen Tisch erhalten und mir wurde ein Tisch in Rechnung gestellt. Durch eine solche Dreifachprüfung wird die Einheitlichkeit unserer Daten validiert, sodass wir die Rechnung buchen und sie an die Buchhaltung weiterleiten können. Diesen gesamten Prozess können wir automatisieren. Sagen wir mal, wir haben im Rahmen dieses berührungslosen Kreditorenbuchhaltungsprozesses 500 Rechnungen in unser Ariba- oder Coupa-System hochgeladen. 30 davon müssen manuell bearbeitet werden. Nehmen wir an, dass bei 27 Rechnungen der Dreifachabgleich nicht geklappt hat. Und 3 Rechnungen wurden falsch hochgeladen. Anstatt also 500 Rechnungen manuell zu buchen oder zu bearbeiten, müssen wir eigentlich nur bei 30 eingreifen, was eine echte Arbeitserleichterung ist. Das könnte man nun so etwas wie berührungslose Kreditorenbuchhaltung nennen. 
MS. SCHWABENBAUER: Gibt es irgendwelche umsatzsteuerlichen Bedenken, wenn es um die berührungslose Kreditorenbuchhaltung geht?
MR. COLBERT: Ich denke, die eigentlichen Probleme für die Umsatzsteuer beginnen beim Dreifachabgleich. Es wird dabei nämlich nicht geprüft, ob die Umsatzsteuer während der Transaktion richtig angewandt wurde. Es ist die wichtigste Buchhaltungskontrolle in diesen Beschaffungssystemen, doch sie kann uns nicht wirklich etwas über die Umsatzbesteuerung sagen. 
Denn was passiert eigentlich während des Dreifachabgleichs? Es wird ja nur der Kostenbetrag der Lieferantenrechnung geprüft. Also: Wurden die Materialien vorschriftsmäßig abgerechnet? Ja. Wurden sie vom Unternehmen quittiert? Ja. Und wurden sie vom Unternehmen bestellt? Ja. Sind diese Werte – also der Wert, den wir bestellt haben und der Wert, den wir erhalten haben – im Steuerbemessungsbetrag der Rechnung korrekt wiedergegeben? Wenn die Steuer nicht automatisch durch die Beschaffungssysteme validiert werden kann, muss die Steuer grundsätzlich von einem Anwender überprüft werden. Eine berührungslose Kreditorenbuchhaltung und die ordnungsgemäße Prüfung der Umsatzbesteuerung schließen sich gegenseitig aus. Sie sind absolut nicht kompatibel miteinander. Wenn Sie unbedingt eine berührungslose Kreditorenbuchhaltung möchten, müssen Sie ein erhebliches Umsatzsteuerrisiko akzeptieren, da die Steuer nicht manuell überprüft wird. Oder umgekehrt, wenn Sie ordentliche Umsatzsteuerkontrollen durchführen möchten, brauchen Sie einen Benutzer, der sich die Rechnungen ansieht. Und das ist per Definition keine berührungslose Kreditorenbuchhaltung. Es gibt also nur eine realistische Lösung für dieses Problem. Um sowohl von einer ordnungsgemäßen Umsatzsteuervalidierung als auch von einer berührungslosen Kreditorenbuchhaltung zu profitieren, müssen Sie entsprechende Prozesse in Ihre Beschaffungsplattform einbetten, welche die anwendbaren Steuerbedingungen durchsetzen. Damit meine ich, dass die Beschaffungsplattform die Steuer schätzt und diese dann mit dem tatsächlich vom Lieferanten angegebenen Betrag abgleicht. 
Sagen wir beispielsweise, wir haben eine Rechnung in Coupa oder Ariba, die zeigt, dass ein Anbieter uns einen Tisch verkauft hat. Ich erwarte hier für dieses Land einen Steuersatz von 22 Prozent auf den Verkauf eines Tisches. Dann sehe ich mir an, wie viel Steuer der Verkäufer tatsächlich berechnet hat. 22 Prozent. Also gäbe es hier eine Übereinstimmung – und wir haben einen effektiven Umsatzsteuerkontrollprozess. Wir hätten dann sowohl berührungslose Kreditorenbuchhaltung als auch einen Prozess zur Umsatzsteuervalidierung in unserem System. 
MS. SCHWABENBAUER:  Wow.  Ich verstehe. Und hoffentlich macht das auch Sinn für unsere Hörer. Es scheint wirklich, als könnten wir diese beiden Konzepte – die berührungslose Kreditorenbuchhaltung und Umsatzsteuerkontrollprozesse – nicht miteinander vereinen.  Kannst du unseren Zuhörern nun vielleicht noch ein paar Worte über die Risiken sagen, mit denen Beschaffungsabteilungen hinsichtlich der Umsatzsteuer konfrontiert werden?  Welche Audits oder Gesetze gibt es auf globaler Ebene? Kannst du uns helfen, das zu verstehen?
MR. COLBERT: Absolut. Das ist eine Frage, die mir schon sehr oft gestellt wurde.  Also zunächst ist es leider so, dass das Umsatzsteuergesetz auf dem Grundprinzip aufgebaut ist, dass das Unternehmen die Rolle des Steuerinspektors übernimmt. Bei jeder einzelnen Transaktion, die ein Unternehmen abwickelt, muss es selbst herausfinden, ob es Steuern berechnen soll. Es muss zum Beispiel wissen, ob Steuern berechnet werden müssen, auch wenn auf einer Rechnung eine Umsatzsteuer von 0 % angegeben wurde. Muss es die vielleicht selbst versteuern? Das Problem ist nun in der Regel: Was passiert, wenn das schiefgeht? Was passiert bei einer Kauf- und Verkaufstransaktion, bei der eine falsche Umsatzbesteuerung vorgenommen wurde? Nun, nach dem Umsatzsteuergesetz liegt es im Allgemeinen in der Verantwortung des Verkäufers, eine konforme, korrekte Rechnung für die steuerliche Behandlung auszustellen. 
Wenn der Verkäufer die falschen Umsatzsteuersätze berechnet, ist die Rechnung ungültig. Die Umsatzsteuer kann nicht abgezogen werden, was bedeutet, dass sich Ihre Geschäftskosten gerade um etwa 5 bis 27 Prozent erhöht haben – je nachdem, was Sie kaufen und in welchem Land Sie es kaufen.  
MS. SCHWABENBAUER:  Hat das auch Konsequenzen für den Käufer?
MR. COLBERT:  Wenn Sie keine Kontrollmechanismen angewandt und den berechneten Umsatzsteuerbetrag nicht überprüft haben, dann findet dieser Fehler beim Käufer seinen Weg bis hin die Steuererklärung, wo der falsche Betrag abgezogen wird. Wenn das ein isolierter Fall ist, ist das noch zu verkraften. Doch das passiert dann nicht nur einmal. Es passiert vielleicht einmal pro Monat. Einerseits haben Sie nicht die notwendigen Kontrollen implementiert, andererseits müssen Sie nicht jeden Monat oder jedes Quartal eine Steuerprüfung mitmachen. Die finden normalerweise alle vier, fünf Jahre statt. Die Anzahl an Fehlern kann also unbemerkt steigen. Wenn der Steuerprüfer einen dieser Fehler entdeckt, wird er sich auch andere Rechnungen ansehen wollen. Er könnte dann etwa Einsicht in alle Transaktionen dieser Art für alle Monate verlangen. Wenn das Beschaffungssystem nicht richtig konfiguriert ist, findet er heraus, dass dieser Fehler jeden Monat über 60 Monate aufgetreten ist. Das ist dann kein kleines Problem mehr. Das wird ein ganz erhebliches Problem sein. Und der Inspektor wird sich fragen, wie das passieren konnte. War das Unternehmen vielleicht sorglos? Hat es fahrlässig gehandelt? War das Leichtsinn oder hat das Unternehmen vielleicht vorsätzlich seine Verpflichtungen ignoriert, die Vorsteuer ordnungsgemäß auszuweisen? Hat es nicht die richtigen Voraussetzungen geschaffen, um die Vorsteuer ordnungsgemäß abziehen zu können? 
Je nachdem, zu welchem Ergebnis der Steuerprüfer kommt – wenn er feststellt, dass das Unternehmen fahrlässig oder nachlässig gehandelt hat –, kann er Bußgelder und Strafen verhängen. Und aus einer zweiwöchigen Prüfung kann dann schnell eine zweimonatige oder sechsmonatige Prüfung werden, je nachdem, wie unzufrieden der Steuerprüfer mit dem Unternehmen ist. 
MS. SCHWABENBAUER: Ich verstehe. Gibt es andere Arten von Umsatzsteuerfehlern, die in einer solchen Situation auftreten könnten?
MR. COLBERT:  Ja. Also bei dem eben genannten Beispiel ging es ja um falsch angewendete Umsatzsteuersätze.  Das ist nur eine Art von Fehler, die beim Kauf auftreten können.  Andere Fehler sind z. B., wenn Sie mir eine Umsatzsteuer in Höhe von 0 Prozent in Rechnung stellen, muss ich mir bewusst sein, dass hier eine Umkehrung der Steuerschuldnerschaft vorliegen könnte, was bedeutet, dass ich die Rechnung selbst versteuern muss.  Sprich, nur weil Sie mir 0 Prozent berechnet haben, heißt das nicht, dass die Sache damit gegessen ist.  Ich muss schon sehen, dass ich richtig mit diesen 0 Prozent umgehe. 
Oder sagen wir, dass Sie mir 22 Prozent Umsatzsteuer berechnen.  Dann ist es nicht unbedingt so, dass ich dann auch 22 Prozent abziehen kann. Wenn Sie zum Beispiel im Bereich des Fuhrparkmanagements oder der Fahrzeugvermietung tätig sind, ist die Umsatzsteuer möglicherweise nur zu 50 Prozent abzugsfähig. 
Aber wer sagt dem Beschaffungssystem das? Oder wenn wir ein teilweise steuerbefreites Unternehmen haben – eine Versicherungsgesellschaft, eine Bank oder etwas in der Art –, dann müssen wir überlegen, ob die jeweiligen Anschaffungskosten einer steuerpflichtigen Geschäftstätigkeit zuzuordnen sind und wir die gesamte Umsatzsteuer abziehen können, oder ob es sich um Gemeinkosten handelt und nur ein Teil zurückerstattet werden kann.  Ich meine, es ist nicht üblich, dass diese Art von Logik, Teilbefreiungslogik usw. tatsächlich in einem Beschaffungssystem zu finden ist.  Dies sind also einige der Risiken, die wir beim Einkauf im Bereich der Umsatzsteuer sehen würden. 
MS. SCHWABENBAUER: Ich verstehe. Kannst du uns auch einige der Vorteile nennen, die entstehen, wenn man Steuerermittlungsprozesse in den Beschaffungsplattformen und im Beschaffungsprozess implementiert?
MR. COLBERT:  MR. COLBERT: Klar. Also ich wiederhole noch einmal, dass man entweder eine berührungslose Kreditorenbuchhaltung oder Umsatzsteuerkontrollmechanismen haben kann – nicht beides. Man könnte die touchless AP und Umsatzsteuerkontrollmechanismen allerdings kombinieren, indem man einen geeigneten Steuerermittlungsprozess in die eigene Beschaffungsplattform implementiert. Das ist die einzige Möglichkeit. Und das wäre somit der erste Vorteil einer Steuerintegration für die Beschaffungsprozesse. Ein anderer Vorteil besteht darin, dass in einem geeigneten Steuerfindungssystem jede Rechnung auf der Beschaffungsplattform eine automatisierte Umsatzsteuer-Validierungsprüfung durchläuft. Wenn wir also zum Beispiel ein Unternehmen haben, das 25.000 Rechnungen pro Monat erhält, und 24.000 dieser Rechnungen durchlaufen den Validierungsprozess ohne Probleme, dann wissen wir, dass der Steuersatz dort richtig vorhergesagt wurde. Wir wissen, wie viel abzugsfähig ist. Wir wissen, welchen Steuercode wir anwenden müssen. Bei 1.000 Rechnungen wurden falsche Steuersätze vorhergesagt. Diese können wir dann zum Beispiel an einen Superuser eskalieren. Das ist doch schon viel besser, als wenn jemand alle 25.000 Rechnungen manuell durchgehen müsste. 
Möglich wäre auch ein Szenario, in dem ein Anbieter einen unerwarteten Steuerbetrag auf einer Rechnung veranschlagt. Rechnungen dieser Kategorie würden gekennzeichnet und in eine Warteschleife gesetzt werden, damit der Superuser sich in der Anwendung mit dem Anbieter in Kontakt setzen kann. Unser Umsatzsteuer-Superuser könnte dann in Echtzeit innerhalb der Ariba- oder Coupa-Plattform den Anbieter auf die umsatzsteuerliche Behandlung ansprechen und vielleicht fünf Minuten später eine Antwort erhalten – also direkt innerhalb des eigentlichen Beschaffungsprozesses. Nachdem die Frage geklärt ist, würde die Transaktion zur Zahlung freigegeben werden. Indem wir geeignete Strukturen für die Umsatzsteuer-Validierung innerhalb unserer Beschaffungsplattform implementieren, zeigen wir dem Steuerprüfer, dass wir als Unternehmen uns ernsthaft für die Qualität unserer Prozesse engagieren und angemessene Kontrollen implementieren. Auch Unternehmen mit einem teilweise umsatzsteuerbefreiten Angebot können einen Prozess zur ordnungsgemäßen Steuerermittlung in ihre Beschaffungsplattformen integrieren, damit sie erhebliche Kosten für die Steuerfindung sparen. Denn wahrscheinlich geben diese Unternehmen aktuell viel dafür aus, dass ein externer Anbieter ihre Umsatzsteuerbefreiungen validiert. Da ist es doch einfach fantastisch, wenn man einen Teil dieser Steuerfindungsprozesse automatisieren kann.
MS. SCHWABENBAUER:  Da stimme ich völlig zu: Man sollte wirklich die Technologie nutzen, die da draußen zur Verfügung steht. Ich kann dir gar nicht genug danken, Donal, dass du heute bei uns warst. Und das war's auch schon für die heutige Folge. Ich möchte mich bei Donal Colbert bedanken, dass er heute mit dabei war. Und natürlich wie immer vielen Dank an unsere Zuhörer. 
Seien Sie auch bei unserer nächsten Folge mit dabei, wenn wir uns mit Adam Runnalls von Vertex Consulting über seine Erfahrungen bei einem globalen Motorenhersteller unterhalten. (ENDE DER AUFZEICHNUNG)

Über die Serie

Das Thema indirekte Steuern und Beschaffung bereitet Ihnen nach wie vor Kopfzerbrechen? Wir helfen Ihnen gerne weiter. In „Tax Today“, einer Podcast-Reihe von Vertex, führt Moderatorin Kristin Schwabenbauer aufschlussreiche Gespräche mit Steuer-, IT- und Beschaffungsexperten, die aktiv an der Ausarbeitung der Vorschriften für Procure-to-Pay-Prozesse beteiligt sind. Wenn auch Sie zu einem Experten auf dem Gebiet der Steuern werden möchten, erwartet Sie jede Woche eine neue, informative Folge.

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