Polen zieht mit KI in die Schlacht gegen Umsatzsteuerbetrug

Zur Schließung einer massiven Steuerlücke setzt ein EU-Mitgliedstaat auf maschinelles Lernen.


Polens Plan zur Stärkung seines Umsatzsteuersystems

Die Umsatzsteuer macht einen großen Teil von Polens Einnahmen aus, doch vor 10 Jahren verlor das Land einen Großteil dieses Einkommens an Betrüger. Die Umsatzsteuerausfälle stiegen von 0,4 % des BIP im Jahr 2006 auf 1,5 % im Jahr 2011 und erreichten im Folgejahr geschätzte 11,2 Mrd. USD. Als Reaktion darauf begann Polen mit der Implementierung eines umfassenden Plans zur Stärkung des Umsatzsteuersystems. Im Jahr 2017 wurde dann das System Teleinformatyczny Izby Rozliczeniowej (STIR) vorgestellt, eine innovative Maßnahme zur Bekämpfung von Umsatzsteuerbetrug, die künstliche Intelligenz (KI) zur Analyse umsatzsteuerrelevanter Transaktionen einsetzt.

So funktioniert STIR

Und so funktioniert's. STIR ermöglicht den Datenaustausch zwischen Finanzinstituten, der nationalen Steuerverwaltung und dem Zentralregister für Steuerdaten. Banken und Kreditgenossenschaften übermitteln täglich Konto- sowie Clearinghouse-Daten für alle von Unternehmern durchgeführten Transaktionen. Die Clearingstelle verwendet Algorithmen, die auf Kriterien des Finanzsektors basieren, um einen Risikoindikator für jeden Unternehmer zu berechnen. Zu den Kriterien können z. B. der Wohnsitz des Kunden, die Komplexität der Eigentümerstruktur des Unternehmers und ungewöhnliche Transaktionsumstände gehören.

Es handelt sich hierbei jedoch nicht um einen vollständig maschinenbasierten Prozess. Die Clearingstelle sendet die Daten an die nationale Steuerverwaltung, und der Leiter dieser Behörde kann entscheiden, ob bei einem Unternehmer ein hohes Risiko besteht, in Umsatzsteuerbetrug verwickelt zu sein. Ist dies der Fall, kann die Agentur entsprechende administrative Maßnahmen ergreifen, z. B. die Sperrung eines Bankkontos für bis zu 72 Stunden oder in einigen Fällen für bis zu drei Monate.

Der Erfolg von STIR

Polen konnte mit seinem STIR-Algorithmus einige Erfolge erzielen. Die nationale Steuerverwaltung nutzt STIR, um potenzielle Karussellbetrügereien nahezu in Echtzeit zu erkennen, während zuvor mitunter zwei Monate dafür benötigt wurden. 2018 wurde fast 30.000 Unternehmern ein Risikostatus zugewiesen. Allerdings wurden nur die Konten von 23 Betroffenen gesperrt.

Interessanterweise ist STIR ein „Black Box“-KI-Modell. Das bedeutet, dass die Algorithmen, die zur Bestimmung des Risikoindikators verwendet werden, den Steuerzahlern nicht offengelegt werden. Die Frage, ob KI-Modelle zugänglich sein sollten, gewinnt im Rahmen des Steuerrechts zunehmend an Bedeutung. Daher werde ich mich in meinem neuen Artikel im Tax Notes International näher mit diesem Thema beschäftigen und auch die Argumentation rund um STIR beleuchten.

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Aleksandra Bal, Senior Product Manager, Vertex Inc. Die Branchenexperten von Vertex bieten Einblicke in die unternehmerischen Auswirkungen steuerlicher Vorschriften, Richtlinien und deren Durchsetzung sowie aufkommender Technologietrends.

Aleksandra Bal

Technologie-Expertin für indirekte Besteuerung

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Als Senior Product Manager ist Aleksandra Bal verantwortlich für die Weiterentwicklung der Lösungen für die Mehrwertsteuermeldung und -Compliance von Vertex.- Aleksandra bringt eine langjährige Erfahrung im internationalen Steuerwesen mit und ist Expertin auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer, nicht zuletzt was die Verwaltung und Entwicklung von digitalen Lösungen und digitalen Transformationsinitiativen anbelangt. Die publizierte Autorin und Rednerin besitzt einen Doktortitel (Ph.D.: Kryptowährungen und Blockchain) sowie mehrere weitere höhere Abschlüsse und Auszeichnungen.

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