Achten Sie auf die Umsatzsteuerdiskrepanz (und sehen Sie genau hin)

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Die Compliance-Diskrepanz bei der Umsatzsteuer hat einen wichtigen „vorgelagerten“ Einfluss auf die Compliance-Entwicklungen der Transaktionssteuer in der gesamten EU. 

Der Ausdruck bezieht sich auf die Differenz zwischen den erwarteten Umsatzsteuereinnahmen und dem tatsächlich erhobenen absoluten oder prozentualen Umsatzsteuerbetrag pro Jahr. Der Begriff „Umsatzsteuer gesamte Steuerpflicht“ (VAT Total Tax Liability, VTTL) – das ist der geschätzte Umsatzsteuerbetrag, der theoretisch basierend auf der Umsatzsteuergesetzgebung und den dazugehörigen Vorschriften erhoben werden kann – stellt eine genauere Beschreibung der erwarteten Umsatzsteuereinnahmen dar.  

Die Umsatzsteuerdiskrepanz ist ein Maß für die Wirksamkeit der Umsatzsteuer-Compliance und -Durchsetzung in jedem EU-Mitgliedstaat. Eine größere Umsatzsteuerdiskrepanz bedeutet, dass es im Laufe des Jahres zu mehr Betrug, Steuerhinterziehung, Konkursen, Zahlungsunfähigkeiten bzw. Fehlberechnungen gekommen ist. Sie bedeutet auch, dass die EU und einzelne Mitgliedstaaten eher die Implementierung von neuen Maßnahmen und Regeln zur Reduzierung von Betrug, Steuerhinterziehung und Fehlberechnungen in Betracht ziehen. Unter anderem zielt das EU-Maßnahmenpaket „VAT in the Digital Age“ (ViDA) darauf ab, die Umsatzsteuerdiskrepanz zu verringern, indem die Verstärkung der Umsatzsteuer-Compliance durch neue Regeln für die elektronische Rechnungsstellung und digitale Meldungen vereinfacht wird. 

Es lohnt sich daher, den 11. jährlichen Bericht über die Umsatzsteuerdiskrepanz der EU zu lesen und zu berücksichtigen. In der Studie werden die Zahlen für 2021 im Vergleich mit den vorangegangenen vier Jahren analysiert, sie enthält aber außerdem einige Schätzungen zur Umsatzsteuerdiskrepanz für 2022. 

Hier sind einige bemerkenswerte, wichtige Ergebnisse: 

  • Die EU-weite Umsatzsteuerdiskrepanz nimmt weiterhin ab: Die Gesamtdiskrepanz verringerte sich von etwa 99 Milliarden Euro im Jahr 2020 (das entspricht 9,6 % des VTTL) auf 61 Milliarden Euro im Jahr 2021 (5,3 % des VTTL). Diese Reduzierung um rund 38 Milliarden Euro stelle „eine beispiellose Verbesserung gegenüber den Vorjahren“ dar, heißt es in dem Bericht. Den stärksten Rückgang der Umsatzsteuerlücke in den einzelnen Mitgliedstaaten von 2020 bis 2021 verzeichneten Italien (-10,7 Prozentpunkte) und Polen (-7,8 Prozentpunkte). Beide Länder verfolgen schwerpunktmäßig die Ausweitung ihrer Umsatzsteuer-Compliance-Auflagen.  
  • Es gibt einige große Ausreißer: Der Medianwert der Umsatzsteuerdiskrepanz in allen 27 Mitgliedstaaten betrug 4,9 % des VTTL in 2021. Zu den Ländern mit der geringsten Diskrepanz bei der Umsatzsteuer-Compliance gehören die Niederlande (-0,2 Prozent), Finnland (0,4 Prozent), Spanien (0,8 Prozent) und Estland (1,4 Prozent). Die negative Diskrepanz in den Niederlanden ist wahrscheinlich auf einen statistischen oder Messfehler zurückzuführen, der auftreten kann, wenn die Nicht-Konformität sehr gering ist. Die größte Diskrepanz bei der Umsatzsteuer-Compliance für 2021 gab es in Rumänien (36,7 Prozent), Malta (25,7 Prozent), Griechenland (17,8 Prozent) und Litauen (14,5 Prozent). In absoluten Zahlen für 2021 verzeichneten Italien (14,6 Milliarden EUR), Frankreich (9,5 Milliarden EUR) und Rumänien (9,0 Milliarden EUR) die größten Umsatzsteuerdiskrepanzen.  
  • Eine gute Nachricht, allerdings mit Vorbehalt: Der starke Rückgang der Compliance-Diskrepanz über einen Zeitraum von vier Jahren (einschließlich der COVID-19-Pandemie und der dadurch ausgelösten kurzen Rezession) scheint widersprüchlich, aber dafür gibt es gute Gründe. Der Analyse des Berichts zufolge ist der Rückgang auf mehrere Faktoren zurückzuführen, darunter die Verabschiedung von Unterstützungsmaßnahmen während der Coronapandemie, die an die Zahlung von Steuern geknüpft waren, ein Rückgang der Insolvenzen, Veränderungen im Konsumverhalten und die Zunahme von bargeldlosen Zahlungen. In dem Bericht wird außerdem festgestellt, dass die Datenverfügbarkeit zurückgegangen ist.  Für den aktuellen Bericht wurden etwa 60 % der detaillierten Daten bereitgestellt, die für frühere Analysen zur Verfügung standen, was für Analysezwecke als ausreichend gilt.  

Bedeutet eine rückläufige Umsatzsteuerdiskrepanz, dass Steuerzahler mit weniger Änderungen an Umsatzsteuerregeln und Meldepflichten rechnen müssen? Voraussichtlich nicht. In dem Bericht werden auch verschiedene Reformen der Steuerverwaltung und neue Compliance-Maßnahmen wie die elektronische Rechnungsstellung und Berichterstattung (fast) in Echtzeit in Ländern beschrieben, die von 2013 bis 2021 erhebliche Verbesserungen bei der Umsatzsteuer-Compliance verzeichneten. Der Erfolg dieser Änderungen wird wahrscheinlich zu ähnlichen Anpassungen in anderen Mitgliedstaaten führen.

Autor des Blogs

Peter Boerhof, VAT Director im Chief Tax Office (CTO) bei Vertex Inc., präsentiert Einblicke in die Auswirkungen steuerlicher Vorschriften, Richtlinien und Durchsetzung sowie aufkommender Technologietrends auf die Abläufe in Steuerabteilungen auf der ganzen Welt.

Peter Boerhof

Senior Director, VAT

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Peter Boerhof ist Senior VAT Director bei Vertex. In seiner Rolle bietet er Einblicke und Denkanstöße zu den Auswirkungen von Steuervorschriften und Steuerpolitik sowie den neuen Technologietrends im globalen Steuerwesen. Herr Boerhof verfügt über umfangreiche Erfahrung in internationalen Transaktionen, Unternehmensumstrukturierungen, Steuerprozessoptimierung und Steuerautomatisierung. Bevor er zu Vertex kam, war er Leiter für indirekte Besteuerung bei AkzoNobel, wo er ein TCF-System entwickelte und implementierte, die Abführung von Umsatzsteuer optimierte und den Übergang zu einem zentralisierten Modell für die Steuerabgabe für globale Steuerprozesse leitete.

Er war auch für die Planung und Einhaltung indirekter Besteuerung bei Fusionen und Übernahmen, Lieferketten- und ERP-Projekten sowie für die Implementierung von Steuerautomatisierungsinitiativen wie Tax Engines und Robotics verantwortlich. Herr Boerhof arbeitete auch bei KPN Royal Dutch Telecom, wo er für die Umsatzsteuer verantwortlich war. Außerdem beriet er bei den Big-Four-Wirtschaftsprüfern Deloitte und Ernst & Young (EY) zu Umsatzsteuer und Optimierungsprozessen. Er hat einen MBA von der Rotterdam School of Management und einen Master in Steuerrecht von der Universität Groningen.

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