Umsatzsteuer im digitalen Zeitalter - Teil 1: EU-Anforderungen an die elektronische Rechnungsstellung: OB, und WANN?

An over-the-shoulder image of a woman sat at a warm wooden table, looking over code on a laptop.

Die weitreichenden Vorschläge der Europäischen Kommission zur Umsatzsteuerreform vom vergangenen Dezember werfen für Unternehmen, die im EU-Binnenmarkt unterwegs sind, zwei große Fragen auf: ob und wann? Steuerverantwortliche sollten ihren Focus auf  das „wann“ verwenden - denn: Die Uhr tickt bereits. 

VAT in the Digital Age (ViDA), das Empfehlungen in drei verschiedene Kategorien einteilt, bezeichnet nichts geringeres, als einen der größten Versuche der EU zur Mehrwertsteuerreform im 21. Jahrhundert. 

Um ein besseres Verständnis des Vorschlags und seiner Auswirkungen auf den EU-Handel zu erhalten, werden in dieser kleine Bog-Serie die drei Säulen des neuen EU-Plans untersucht: Umsatzsteuer-Meldepflichten und elektronische Rechnungsstellung, mehrwertsteuerliche Behandlung der Marktplätze und einheitliche Umsatzsteuer-Registrierung in der EU.

Die Reformen im Zusammenhang mit der elektronischen Rechnungsstellung werden hier im ersten Blog behandelt - und verdienen Ihre Aufmerksamkeit. Denn, falls umgesetzt, würden sie die Art und Weise modernisieren, wie Umsätze und die korrespondierende Umsatzsteuer in der EU gemeldet werden: mit einer Mischung aus obligatorischer und optionaler elektronischer Rechnungsstellung, kombiniert mit digitalen und traditionellen Meldeverpflichtungen. Viele Unternehmen, insbesondere Marktplatzanbieter, werden in neue Steuertechnologien investieren müssen, um die bevorstehenden Anforderungen an die elektronische Rechnungsstellung und das digitale Meldewesen zu erfüllen - unabhängig davon, wie diese Vorschriften letztendlich aussehen werden.

Dieser Ansatz würde von Verkäufern wie Empfängern verlangen, ihre Umsatzsteuer-Rechnungsdaten elektronisch an die Steuerbehörden des Mitgliedstaats übermitteln, in dem das Unternehmen ansässig oder umsatzsteuerlich registriert ist. Dies zudem im Einklang mit der geltenden EU -Verordnung über die elektronische Rechnungsstellung im öffentlichen Beschaffungswesen.
Wie jeder umfassende Steuerreformvorschlag hat auch das ViDA seine Befürworter und Gegner. Hier sind die wichtigsten Argumente der einzelnen Positionen:

VORTEILE: 

  • Die Befürworter behaupten, dass die elektronische Rechnungsstellung die Genauigkeit und Effizienz der Umsatzsteuererhebung verbessern, die Compliance-Kosten für Unternehmen senken und Betrug bekämpfen würde. 
  • Durch die elektronische Rechnungsstellung entfiele für die Unternehmen die Notwendigkeit, Rechnungen manuell zu bearbeiten, wodurch Kosten und das Fehlerrisiko sinken würden. 
  • Außerdem würde die elektronische Rechnungsstellung es den Steuerbehörden einfacher und schneller erlauben, Rechnungen und Umsatzsteuer-Erklärungen abzugleichen und somit das Risiko von Steuerhinterziehung und anderen Formen des Betrugs verringern. 

NACHTEILE: 

  • Die Gegner behaupten, dass die verpflichtende elektronische Rechnungsstellung eine erhebliche Belastung für kleine und mittlere Unternehmen darstellen würde, die oft nicht über die erforderlichen Ressourcen und/oder technischen Möglichkeiten verfügen, um die Anforderungen der elektronischen Rechnungsstellung zu erfüllen. 
  • Es wird auch befürchtet, dass die verpflichtende elektronische Rechnungsstellung den Verwaltungsaufwand für die Steuerbehörden erhöhen könnte, die in neue Systeme und Infrastrukturen investieren müssten, um die zunehmende Menge an elektronischen Rechnungsdaten zu verarbeiten und zu speichern. 
  • Man könnte sich auch fragen, ob die verpflichtende elektronische Rechnungsstellung den Umsatzsteuerbetrug tatsächlich verringern würde, da die Verpflichtung nur für grenzüberschreitende Umsätze gilt, die normalerweise nicht der Umsatzsteuer unterliegen. 

Diese Diskussionen werden sich in den nächsten 24 Monaten verschärfen, welche die Europäische Kommission als Frist für das Inkrafttreten der neuen Vorschriften festgelegt hat. Es wird schwierig werden, diese Frist einzuhalten, da es eine große Herausforderung ist, eine politische Einigung für die Vorschläge unter allen EU-Mitgliedstaaten zu erzielen. Sollten die aktuellen Vorschläge - oder eine Variante davon - jedoch zwischen 2024 und 2028 in Kraft treten, bliebe den Unternehmen nur wenig Zeit, um neue Steuertechnologien und optimierte Prozesse einzuführen. Deshalb ist es für Steuerverantwortliche von entscheidender Bedeutung, diesen Legislativvorschlag während seines Fortschreitens und seiner Weiterentwicklung im Auge zu behalten.

Lesen Sie gleich den nächsten Teil weiter:  Umsatzsteuer im digitalen Zeitalter - Teil 2.


BITTE DENKEN SIE DARAN, DASS DIE STEUERANGELEGENHEITEN INFORMATIONEN ZU BILDUNGSZWECKEN LIEFERN UND KEINE SPEZIFISCHE STEUER- ODER RECHTSBERATUNG DARSTELLEN. KONSULTIEREN SIE IMMER EINEN QUALIFIZIERTEN STEUER- ODER RECHTSBERATER, BEVOR SIE AUF DER GRUNDLAGE DIESER INFORMATIONEN HANDELN. DIE IN STEUERANGELEGENHEITEN GEÄUSSERTEN ANSICHTEN UND MEINUNGEN SIND DIE DER AUTOREN UND SPIEGELN NICHT UNBEDINGT DIE OFFIZIELLE POLITIK, POSITION ODER MEINUNG VON VERTEX INC.
 

Blog Author

Peter Boerhof, VAT Director im Chief Tax Office (CTO) bei Vertex Inc., präsentiert Einblicke in die Auswirkungen steuerlicher Vorschriften, Richtlinien und Durchsetzung sowie aufkommender Technologietrends auf die Abläufe in Steuerabteilungen auf der ganzen Welt.

Peter Boerhof

Senior Director, VAT

Alle Veröffentlichungen von Peter Ansehen

Peter Boerhof ist Senior VAT Director bei Vertex. In seiner Rolle bietet er Einblicke und Denkanstöße zu den Auswirkungen von Steuervorschriften und Steuerpolitik sowie den neuen Technologietrends im globalen Steuerwesen. Herr Boerhof verfügt über umfangreiche Erfahrung in internationalen Transaktionen, Unternehmensumstrukturierungen, Steuerprozessoptimierung und Steuerautomatisierung. Bevor er zu Vertex kam, war er Leiter für indirekte Besteuerung bei AkzoNobel, wo er ein TCF-System entwickelte und implementierte, die Abführung von Umsatzsteuer optimierte und den Übergang zu einem zentralisierten Modell für die Steuerabgabe für globale Steuerprozesse leitete.

Er war auch für die Planung und Einhaltung indirekter Besteuerung bei Fusionen und Übernahmen, Lieferketten- und ERP-Projekten sowie für die Implementierung von Steuerautomatisierungsinitiativen wie Tax Engines und Robotics verantwortlich. Herr Boerhof arbeitete auch bei KPN Royal Dutch Telecom, wo er für die Umsatzsteuer verantwortlich war. Außerdem beriet er bei den Big-Four-Wirtschaftsprüfern Deloitte und Ernst & Young (EY) zu Umsatzsteuer und Optimierungsprozessen. Er hat einen MBA von der Rotterdam School of Management und einen Master in Steuerrecht von der Universität Groningen.

View Newsletter Signup