Update Umsatzsteuer-Compliance, Teil 1: Anforderungen an das Echtzeit-Reporting

In der Europäischen Union (EU) werden die Compliance-Richtlinien für die Umsatzbesteuerung aktuell massiv reformiert. Viele Länder führen neue Umsatzsteuer-Meldepflichten ein, die die traditionellen Umsatzsteuererklärungen ergänzen oder sogar ersetzen. Einige Länder experimentieren sogar mit neuen Methoden zur Umsatzsteuerabführung. Darüber hinaus setzen die Steuerbehörden neue Tools ein, um Daten auf Transaktionsebene mit Umsatzsteuererklärungen abzugleichen, ohne dass eine Steuerprüfung erforderlich ist.

Multinationale Unternehmen haben einen schweren Stand, wenn es um die Gewährleistung der Konformität und Aktualität ihrer Systeme und Verfahren zur Steuerabwicklung geht. Denn in den europäischen Staaten in und außerhalb der EU gelten nicht nur sehr unterschiedliche Compliance-Anforderungen, sondern die Umsatzsteuervorschriften ändern sich auch ständig. In diesem Beitrag werden die Regelungen zur Umsatzsteuermeldung in Echtzeit in mehreren EU-Staaten unter die Lupe genommen. Außerdem geht es um die Frage nach der Wahrscheinlichkeit, dass andere Länder ähnliche Vorschriften einführen. In einem der kommenden Beiträge folgt eine Analyse der Verpflichtung zu geteilten Zahlungen.

Spanienführte als erstes Land die Verpflichtung zur Meldung von Transaktionsdaten (beinahe) in Echtzeit ein. Seit Inkrafttreten des Suministro Inmediato de Información (SII) am 1. Juli 2017 sind Steuerpflichtige in Spanien, die monatliche Umsatzsteuererklärungen einreichen bzw. von der Option zur monatlichen Rückerstattung Gebrauch machen, ebenso wie Mitglieder von Organschaften verpflichtet, Verkaufs- und Kaufrechnungen innerhalb von vier Tagen nach Ausstellung bzw. Eingang an die zuständige Steuerbehörde zu melden.

Eine Folgenbewertung über einen Zeitraum von drei Monaten fiel positiv aus. 75 Prozent des Gesamtumsatzes der Umsatzsteuerpflichtigen in Spanien unterlagen der Verpflichtung zur Sofortmeldung gemäß SII. Zudem wurde in 84 Prozent der Fälle eine Übereinstimmung mit den Angaben in den Umsatzsteuererklärungen festgestellt. Dabei ist jedoch anzumerken, dass 10.000 der 64.000 Unternehmen, die der Verpflichtung ursprünglich unterlagen, auf die monatliche Rückerstattung bzw. die Gruppenbesteuerung im Rahmen einer Organschaft verzichteten. Von den verbleibenden 54.000 Unternehmen hielten 90 Prozent die neue Regelung in den ersten drei Monaten nach ihrem Inkrafttreten ein.

Ein Jahr nach Inkrafttreten des SII führte Ungarn eine Vorschrift zur Meldung von Transaktionsdaten in Echtzeit ein, die sich allerdings stark von der spanischen Regelung unterscheidet. In Ungarn gilt die Verpflichtung zur Sofortmeldung lediglich für B2B-Transaktionen über 100.000 HUF (knapp 290 EUR).

Mehrere andere Länder scheinen drauf und dran, dem Beispiel Spaniens und Ungarns zu folgen. Griechenland hat wiederholt entsprechende Absichten geäußert, bisher aber noch kein Gesetz erlassen. Kürzlich bezeichnete der Chef der irischen Steuerbehörde die Einführung der Umsatzsteuermeldung in Echtzeit als „unvermeidlich“. Dabei ist zu bedenken, dass die Verpflichtung zur Sofortmeldung nicht der Genehmigung der Europäischen Kommission bedarf, wie sie für ähnliche Vorschriften bezüglich geteilter Zahlungen und elektronischer Rechnungslegung erforderlich ist.

Die Verpflichtung zur Umsatzsteuermeldung in Echtzeit ermöglicht Steuerbehörden, verdächtige Transaktionen frühzeitig zu erkennen und Steuerbetrug zu verhindern. Mit dem Mechanismus der geteilten Zahlung, dem sogenannten Split-Payment-Verfahren, wollen einige Länder jetzt noch einen Schritt weiter gehen und die Umsatzsteuerabführung in Echtzeit zur Vorschrift machen.

Update Umsatzsteuer-Compliance, Teil 2: Geteilte Zahlungen

Die Verpflichtung zur Umsatzsteuermeldung in Echtzeit ermöglicht Steuerbehörden, verdächtige Transaktionen frühzeitig zu erkennen und Steuerbetrug zu verhindern. Die Notwendigkeit dazu erübrigt sich allerdings, wenn Kunden gar keine Umsatzsteuer an potenzielle Steuerbetrüger entrichten. In Teil 2 geht es um den Mechanismus der geteilten Zahlung (Split-Payment-Verfahren) als Ansatz zur Bewältigung dieser Herausforderung.

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Aleksandra Bal, Senior Product Manager, Vertex Inc. Die Branchenexperten von Vertex bieten Einblicke in die unternehmerischen Auswirkungen steuerlicher Vorschriften, Richtlinien und deren Durchsetzung sowie aufkommender Technologietrends.

Aleksandra Bal

Technologie-Expertin für indirekte Besteuerung

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Als Senior Product Manager ist Aleksandra Bal verantwortlich für die Weiterentwicklung der Lösungen für die Mehrwertsteuermeldung und -Compliance von Vertex.- Aleksandra bringt eine langjährige Erfahrung im internationalen Steuerwesen mit und ist Expertin auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer, nicht zuletzt was die Verwaltung und Entwicklung von digitalen Lösungen und digitalen Transformationsinitiativen anbelangt. Die publizierte Autorin und Rednerin besitzt einen Doktortitel (Ph.D.: Kryptowährungen und Blockchain) sowie mehrere weitere höhere Abschlüsse und Auszeichnungen.

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